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Neuer Naturlehrpfad "Erlebnis Schachten"

Eine App führt auch durch die Schachten: Einfach die entsprechenden QR-Codes an den Infotafeln scannen oder www.erlebnisschachtenweg.de auf dem Smartphone öffnen!

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Sind stolz auf den „Erlebnisweg Schachten“ (v.l.): Lea Stier und Hartwig Löffelmann vom Naturpark Bayerischer Wald, Forstbetriebsleiter Jürgen Völkl, WeiderecLudwig Fritz, Franziska Bauer von der Tourist-Info Drachselsried und der Drachselsrieder Bürgermeister Johannes Vogl, BTM-Chef Marco Felgenhauer und der Bodenmaiser Bürgermeister Michael Adam. Fotos: Bodenmais Tourismus

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26. September 2024, Bodenmais - Das Geläut von Kuhschellen und der Anblick weidender Rinder inmitten des Waldes sind heutzutage in Mitteleuropa fast nirgendwo mehr zu erleben. Auf den Schachten im Arbergebiet bei Bodenmais und Drachselsried ist dies jedoch anders. Die Schachten sind Zeugen einer über 500-jährigen Geschichte, artenreiche Offenlandflächen in den schier endlosen Waldgebieten und einmalige Aussichts- und Ruheorte in der Arberregion. Damit diese jahrhundertealte Tradition und die dadurch geschaffenen, einzigartigen Landschaften dokumentiert und Wanderern nähergebracht werden, wurde der Naturlehrpfad „Erlebnis Schachten“ mit Infotafeln und einer begleitenden App geschaffen, der jetzt fertiggestellt worden ist.

Entstanden ist der Schachtenweg in Zusammenarbeit des Naturparks Bayerischer Wald mit der Bodenmais Tourismus und Marketing GmbH sowie der Gemeinde Drachselsried und dem Forstbetrieb Bodenmais der Bayerischen Staatsforsten als verantwortlicher Grundeigentümer. Gefördert wurde der Lehrpfad durch die Regierung von Niederbayern, Höhere Naturschutzbehörde aus Mitteln des Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.

Bei einem Vor-Ort-Termin auf dem Buchhüttenschachten haben sich die Verantwortlichen nun ein Bild vom neuen Naturlehrpfad gemacht. „Mit dem Erlebnisweg Schachten haben wir es geschafft, diese einzigartige Historie zu dokumentieren und erlebbar zu machen“, betonte dabei der Bodenmaiser Tourismuschef Marco Felgenhauer. Sein Dank gilt dem Naturpark Bayerischer Wald mit Geschäftsführer Hartwig Löffelmann, dem früheren Arbergebietsbetreuer Johannes Matt, der die Feinarbeit für das Projekt leistete, sowie dessen Nachfolgerin Lea Stier. Außerdem bedankte er sich bei Forstbetriebsleiter Jürgen Völkl, dem Drachselsrieder Bürgermeister Johannes Vogl und dem Bodenmaiser Ludwig Fritz, einer der drei verbliebenden Weiderechtler. „Nicht vergessen möchte ich unseren Outdoor-Spezialisten Bap Koller, der Ideen- und Impulsgeber für den Schachtenweg war. Ohne ihn würde es den Weg heute nicht geben“, so Felgenhauer.

Auf dem insgesamt 32 Kilometer langen Naturlehrpfad, der die Schachten im Arbergebiet vereint, können Wanderer ab sofort Wissenswertes und Hintergründe zum Leben der Waldhirten auf den Schachten, zu der Bedeutung für den Naturschutz und die bis heute lebendige Historie erfahren. Mit einer Übernachtung auf der am Kleinen Arber gelegenen Chamer Hütte lässt sich die Tour auch auf zwei Tage gehen.

Neben Infotafeln, die von der Firma Weißraum Design in Form eines aufgeklappten Buches gestaltet wurden, gibt es auch eine App zum Schachtenweg, die von der Marketingagentur Sowieso gemeinsam mit den Programmierern der FastRocket GmbH entwickelt wurde. Wanderer können ganz einfach die entsprechenden QR-Codes an den Infotafeln scannen oder erlebnisschachtenweg.de auf dem Smartphone öffnen und in die faszinierende Welt der Schachten eintauchen. Hör- und Videomaterial, erstellt vom Passauer Kameramann und Regisseur Benjamin Strobl, erklärt die Geschichte und die Besonderheiten der Schachten auf anschauliche Weise.

Weitere Infos zum Schachtenweg: www.bodenmais.de/schachtenweg

 

Einblicke in die historische Entwicklung der Schachten und bis heute gelebte Bräuche

Wesentlich für die Entstehung der Schachten war das „Ewige Waldrecht“, aus dem sich später die Forstrechte entwickelten. Um den Bayerischen Wald mit seinen kargen landwirtschaftlichen Böden zu besiedeln, wurden die Siedler mit diversen Rechten angelockt. Bereits im Jahre 1345 wurde in der Erbrechtsurkunde den Siedlern des Bayerischen Waldes, das „Ewige Waldrecht“ gewährt. So war es Ihnen erlaubt: „den Wald auszulassen, Bauten zu errichten, zu roden (…)“.

Auf den Bodenmaiser Schachten war die Zeit des „Blumbesuchs“ jahrhundertelang exakt von 1. Juni bis 10. Oktober auf 132 Weidetage festgeschrieben. Heutzutage kann sich bei zeitigem Schneeabgang und warmer Frühlingswitterung der Schachtenauftrieb auf Ende Mai vorverschieben.

Den ganzen Sommer und Spätsommer lang lebten die Waldhirten abgeschieden auf den Schachten in kleinen, spärlichen Holzhütten. Da die meisten Waldweiden auf über 1.000 Meter Höhe liegen, waren die Hirten Wind und Wetter ausgesetzt. Ihr Lohn war die Verpflegung, bestehend hauptsächlich aus Brot und Suppe, selten ein „Sterz“. Dieser „Hüterschmarrn“ war das Festtagsessen und ein nahrhaftes Gericht aus Eiern, Mehl und Fett über dem offenen Feuer in der schweren, eisernen Stielpfanne zubereitet. Es schmeckte köstlich und rauchig. Von Zeit zu Zeit brachten Boten den Hirten frische Lebensmittel aus dem Dorf in den Wald.

Früher mussten die Waldhirten und Bauern mit wilden Bären und Wölfen rund um Bodenmais rechnen. So steht im Bergamtsarchiv Bodenmais Folgendes über Bärenangriffe für das Jahr 1748 geschrieben: „Gabriel Hof, Herrnmüller, welcher zwar 4 Rindl in Waldt geschlagen, davon aber hat der Perr (Bär) ains umgebracht und völlig aufgefressen“. 1757 haben die Bären 8 Stückl „totaliter zuschanden gericht und die mehrern davon afgezöhrt“. Auch gibt es zahlreiche Geschichten rund um Bodenmais, in denen Jäger Bären erlegen oder sogar ein Waldstier einen Bären gegen einen Baum erdrückt.

Die Hochzeit der Beweidung dürfte Mitte des 19. Jahrhunderts erreicht worden sein. In dieser Zeit gab es die größte Anzahl an Viehbauern, die mit diesen Rechten ausgestattet waren. Sie werden daher auch Weiderechtler genannt. So waren es im Jahr 1848 in Bodenmais 112 Weiderechtler, deren Weiderechte im Staatswald des damaligen Königlichen Forstamts Bodenmais im Grundbuch eingetragen wurden. Mit der Zeit wurden die Rechtler immer weniger, sei es durch die Aufgabe der Bewirtschaftung oder Auflösung einzelner Höfe, oder durch Weiderechts-Ablösungen, und so sind ihrer heutzutage nur mehr drei.

Die Beweidung der Hochlagen des Bayerischen Waldes, insbesondere der Schachten, war im Laufe des 19. Jahrhunderts rückläufig. Die sinkende Nachfrage nach Zugtieren war ein wesentlicher Faktor für diese Entwicklung. Nach dem 2. Weltkrieg hielt die Technik im zunehmendem Umfang Einzug in die Landwirtschaft. Das System der Waldweide war durch die moderne Form der Landwirtschaft mit Maschinen, Düngern und anderen Hilfsmitteln nicht mehr notwendig.

Auf den Schachten wird heutzutage überwiegend niederbayerisches Fleckvieh aufgetrieben. Diese Rinderrasse ist gegenüber kalter, nasser Witterung robust, von der Kondition her ausdauernd und zäh sowie beim Grasangebot recht genügsam. Zudem ist es ruhig und gelassen. Genau wie ein richtiger Waidler eben. Die Herde auf den Bodenmaiser Schachten besteht überwiegend aus zwei- bis vierjährigen Jungstieren. Zwar ist hier in Mundart stets die Rede von Stieren, gemeint sind damit aber kastrierte Rinder, sprich Ochsen. Diese wurden früher für die schwere Arbeit als Zugochsen am Hof und auf dem Acker eingesetzt. Mit dabei in einer Herde ist zudem ein kräftiger Ochse als „Leitstier“.

Mit der Weidewirtschaft sind zahlreiche Bräuche in Bodenmais verbunden. So war der Schachtenauftrieb und -abtrieb ein großer, geschäftiger Tag im Ort. Vor allem die Rückkehr wurde ausgiebig gefeiert. So ist der Brauch des Wolfauslassens in Bodenmais, welches stets an Martini am 10. und 11. November stattfindet, eng mit den Weiderechtlern und Hirten verbunden.