Indikator für strukturreiche Mischbestände
Rothenkirchen, 15. Februar 2015 - Der Grauspecht ist ein kaum bekannter Bewohner des Frankenwaldes. Bis vor wenigen Jahren war sein charakteristischer Ruf nur an einzelnen Orten zu hören, noch seltener bekam man ihn zu Gesicht. Ein Grund dafür ist sein hoher Anspruch an einen geeigneten Lebensraum. In letzter Zeit können Förster und Waldbesucher diesen nahen Verwandten des Grünspechts aber immer öfter bei uns beobachten. Er scheint seine Brutreviere auszudehnen. Die Bedingungen dafür sind günstig.
„Der Grauspecht benötigt neben Ameisen auch holzbrütende Insekten als Nahrung“, sagt Olaf Schmidt, Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft. Der in Tettau aufgewachsene Forstmann ist ausgewiesener Artenexperte für die Tier- und Pflanzenwelt des Frankenwaldes. Schmidt: „Der Grauspecht zeigt strukturreiche Mischbestände aus Fichte, Buche, Tanne und Weichlaubhölzern mit hohen Totholzanteilen an.“ Dass diese Voraussetzungen im Frankenwald immer öfter gegeben sind, darauf weist Peter Hagemann vom Forstbetrieb Rothenkirchen der Bayerischen Staatsforsten hin. „Unsere Forstinventur zeigt einen deutlichen Anstieg der Laubholzanteile im Staatswald. Zusätzlich streben wir ungleichaltrige, abwechslungsreiche Waldbestände mit hohem Biotopwert an. Viele alte und abgestorbene Bäume werden gezielt stehen gelassen.“ Besonders diese „Biotopbäume“ brauche der Grauspecht für die Anlage seiner Höhlen und als Nahrungsreservoir.
Der bekanntere Grünspecht ernährt sich weit überwiegend von Ameisen und ihrer Brut. Auch der Grauspecht liebt Ameisen, weshalb man beide Spechtarten zu den sogenannten „Erdspechten“ zählt. Der Grünspecht ist ein Vogel der Waldränder, Parks und Obstwiesen. Er meidet geschlossene Wälder. Der Grauspecht ist da deutlich vielseitiger: Neben bodenbewohnenden Insekten sind auch Larven unter der Baumrinde und tief im Holz seine Nahrung. Letztere findet er im Frankenwald vor allem in alten und absterbenden Buchen, die Förster und Waldbesitzer aus Naturschutzgründen zunehmend stehen lassen. „Deshalb werden wir sein typisches Rufen jetzt häufiger hören“, sagt Forstbetriebsleiter Hagemann, „gerade jetzt in der beginnenden Balzzeit im Februar und März.“ Es klinge ähnlich wie das „Lachen“ des Grünspechts, werde aber, anders als bei diesem, durch einen Specht-typischen Trommelwirbel ergänzt. Auch ende die Strophe nicht wie beim Rauhfußkauz, mit dem sich der Grauspecht im Frankenwald oft seinen Lebensraum teilt, mit schnellen und in der Höhe ansteigenden Tönen. „Vielmehr erstirbt sein helles Lachen am Ende mit langgezogenen, fast wehmütigen Tönen“, beschreibt es Hagemann und wünscht sich mit Blick auf den laufenden Waldumbau hin zu gemischten, abwechslungsreichen Beständen, „dass wir unseren „melancholischen Trommler“ immer öfter im Frankenwald hören können.“