Bäume auf Stelzen im Kürnacher Wald
Dem aufmerksamen Waldbesucher fallen sie hier und da im Kürnacher Wald auf. Einige Bäume sehen aus, als stünden sie auf Stelzen. Sonthofens Staatsforsten-Chef Jann Oetting erklärt, was es damit auf sich hat:
Ganz natürlich und ohne menschliches Zutun sind die skurrilen Baumformen im Revier Kürnach-Süd des Forstbetriebs Sonthofen entstanden. Bäume mit einem Hohlraum an ihrem Stammfuß und Wurzeln, die in den Boden ragen, so als würde der Baum schweben. „Wir Försterinnen und Förster kennen das Phänomen und sprechen von einer Rannenverjüngung, wenn sich junge Baumkeimlinge auf liegendem Totholz entwickeln“, erläutert Jann Oetting, Forstbetriebsleiter von Sonthofen.
Für kleine Bäume bedeutet es eine große Anstrengung, zu einem stattlichen Baum zu werden. Der Konkurrenzdruck durch andere Pflanzen wie Gräser, Farne und Brombeeren und auch andere ist besonders in jungen Jahren groß. Wenn sich die Gelegenheit bietet, keimen die Samen auf vermoderndem Holz. So steigern sie ihre Überlebenschancen enorm.
Der Konkurrenzdruck auf der exponierten Lage liegt nahezu bei null. Im Holz gespeicherte Nährstoffe und Wasser stehen dem Keimling direkt zur Verfügung. Die liegenden Stämme isolieren die Bäumchen vor Bodenkälte im Frühjahr und der Schnee schmilzt ca. zwei Wochen früher als im direkten Umfeld. Beim Abbau des Holzes durch Mikroorganismen wird Wärme frei, welche wie in einem natürlichen Gewächshaus wirkt. „Eine ideale Kinderstube für Baumkeimlinge“, lacht Revierleiter Simon Lipp. Er ist für die Pflege des Staatswaldes in der südlichen Kürnach zuständig.
Über die Jahrzehnte vermodern die Totholzstämme bis zum völligen Zerfall. Übrig bleiben die jungen Bäume mit rankenartig ausgeformten Stelzenwurzeln. „Schön anzuschauen und nebenbei ein geniales System der Natur“, freuen sich Oetting und Lipp.