Baumarten für den Frankenwald im Klimawandel
28. Dezember 2023, Rothenkirchen - Auch das zurückliegende Jahr stand im Frankenwald wieder im Zeichen von Borkenkäfer und Waldschäden. Mit besonderer Trockenheit im Frühjahr und später mehreren ausgeprägten Dürrephasen reihte es sich in die Abfolge von Hitzejahren seit 2018 ein, die zu immer größeren waldfreien Flächen und inzwischen einer sichtbaren Landschaftsveränderung in der „grünen Krone Bayerns“ geführt haben. Auf den ersten Blick liegen die entstandenen Freiflächen kahl und ohne Baumbewuchs zwischen abgestorbenen oder deutlich geschädigten Fichtenresten. Trotzdem tut sich etwas auf diesen Lücken und genauso unter den verbliebenen Altbeständen: Die Forstleute und Waldbesitzer begründen den Frankenwald der Zukunft.
„Der Frankenwald hat ein Problem und eine Mission“, sagt Peter Hagemann vom Forstbetrieb Rothenkirchen der Bayerischen Staatsforsten. „Aufgrund unserer geologischen Ausgangssituation sind wir leider gewissermaßen in einer Vorreiterrolle.“ Die Fichte als wasserbedürftige Gebirgsbaumart werde sich im Zuge des Klimawandels aus dem Flachland und den unteren Mittelgebirgen weitgehend verabschieden. Eine Entwicklung, mit der man im niederschlagsarmen Nordbayern gerade genauso konfrontiert sei wie im angrenzenden Thüringen. Die weiter nördlich gelegenen fichtengeprägten Mittelgebirge wie der Harz oder das Sauerland seien inzwischen weitgehend waldfreie Landschaften. Aktuell würden die Veränderungen im Frankenwald mit seinen steinigen Böden und steilen Hängen besonders schnell sichtbar. „Und genau daraus wächst unsere Verantwortung“, so der Forstbetriebsleiter weiter. „Der Frankenwald muss den Wandel hin zu einer zukunftsfähigen und stabilen Waldbestockung vorbildhaft schaffen. Und dafür tickt die Uhr.“ Die Herausforderung: Alle Leistungen des Waldes zum einen kurzfristig erhalten und zum anderen langfristig nachhaltig sichern.
„Kurzfristig ist es im Frankenwald vor allem die Bodenschutzfunktion der Wälder, die es zu sichern gilt. An den Steilhängen brauchen wir wurzelstarke Baumarten, die den flachgründigen Humusboden mit den mineralischen Gesteinslagen wirkungsvoll verbinden. Wenn erst das jetzt noch vorhandene Wurzelwerk der abgestorbenen Bestände verrottet ist, wird das weder der Graswuchs noch die dadurch zusätzlich verzögerte natürliche Wiederbewaldung leisten können.“ Mit großer Sorge beobachte er deshalb bereits jetzt die aktuellen Regenfälle, die aber noch lange kein echter Starkregen seien, so Hagemann.
„Mittel- und langfristig geht es neben dem Bodenschutz natürlich auch um den Trinkwasserschutz, die Biodiversität, die Walderholung und nicht zuletzt um die Rolle des Waldes als Holzlieferant und Speicher für klimaschädliches CO 2. Gerade Letzteres erfordere stabile und vor allem zuwachsstarke Baumarten, die in möglichst kurzer Zeit zu vorratsreichen Waldbeständen heranwachsen könnten. „Ein gemischter Wald aus zuwachskräftigen Nadelhölzern und artenreichem Laubholz stellt einen vielseitig nutzbaren Holzvorrat und gleichzeitig eine langfristig wirksame Kohlenstoffspeicherung sicher.“ So ein holzreicher Wald könne auf gleicher Fläche bis zu fünfmal mehr für den Klimaschutz und die nachhaltige Rohstoffproduktion leisten als eine sich allmählich von Natur aus einstellende „Pionierbestockung“.
„Leider lassen uns weder die kahlen Hanglagen noch der dramatische Klimawandel im Moment Zeit für eine natürliche Wiederbewaldung“, bedauert Hagemann. Das heiße allerdings nicht, dass Forstleute und Waldbesitzer gegen die Natur arbeiten würden. „Ganz im Gegenteil: Wir nutzen den Schutz der Altbestände um im Staatswald weiter mit Hochdruck schattenertragende Baumarten wie Buche und Tanne zu pflanzen oder zu säen und so die eigene Arbeit und die unserer Vorgängerinnen und Vorgänger zu komplettieren.“ Auf den Freiflächen nutze man die Naturverjüngung von Lärche und Douglasie. Beides Baumarten, die sich seit Generationen im Frankenwald bewährt hätten und jetzt auch Trockenheit und Borkenkäfer trotzten. „Und selbstverständlich auch die der Fichte. Wir müssen nur immer für ausreichend Beimischung sorgen.“ Dafür seien neben den Baumarten der natürlichen Waldgesellschaft wie der Buche mit ihren Edellaubholz-Begleitern Berg- und Spitzahorn, Ulme, Sommerlinde und Wildkirsche auch zunehmend wärmeliebende Laubhölzer wie Stiel- und Traubeneiche mit ihren Begleitern Winterlinde und Hainbuche geeignet.
„Dazu kommen selbstverständlich auch zuwachskräftige Arten mit uns vergleichbarer Klimazonen und Höhenlagen anderer Länder und Regionen.“ Die Stärken von Douglasie und Europäischer Lärche kenne man hier seit langem. Hemlocktanne, Riesenlebensbaum und Küstentanne hätten Forstpioniere seit inzwischen 70 Jahren im Frankenwald erfolgreich getestet. „Das ermutigt uns, in der aktuellen Situation im Staatswald zusätzlich weitere Baumarten wie die nordamerikanische Roteiche oder die mediterrane Esskastanie, seit Jahrhunderten in Deutschland leistungsfähige Waldbäume, auch hier anzubauen. Gezielt Neuland betreten wir mit Versuchsanbauten von Schwarzkiefern aus den Gebirgen Korsikas, Weißtannen aus Rumänien oder der Rumelischen Kiefer vom Balkan. Wenn nicht jetzt, wann dann?“
Trotz des Klimawandels sei die Baumartenpalette groß, auch wenn zu den Witterungsextremen neben der sommerlichen Dürre auch nach wie vor schnee- und frostreiche Frankenwaldwinter zählten, so Hagemann. Das Ziel bleibe ein stabiler, arten- und vorratsreicher, in jeder Hinsicht leistungsfähiger Zukunftswald. „Wenn wir das hier unter zeitlichem Druck und trotz anhaltender Extremwetterlagen schaffen, dann wird´s auch woanders klappen.“