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Der Gams auf der Spur

Die Gamsbestände in den bayerischen Alpen sind stabil. Das hat ein aktuelle Zählung ergeben. (Foto: BaySF / Reinhardt Neft)

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Regensburg, 05. Februar 2025 – Die Gams steht häufig im Zentrum emotional geführter Debatten. Geht es den Gämsen im bayerischen Alpenraum gut? Wie ist es um die Entwicklung des Bestandes und dessen körperliche Verfassung bestellt? Erste Erkenntnisse liefert ein wissenschaftlich begleitetes Monitoring der Bayerischen Staatsforsten (BaySF).

Aufgabe der Bayerischen Staatsforsten ist es, die staatlichen Bergwälder mit ihren vielfältigen Funktionen für das Gemeinwohl zu pflegen und insbesondere die im Rahmen der Schutzwaldsanierung mit großem finanziellem und personellem Aufwand sanierten Schutzwälder zu bewahren. Bergwälder sind ein natürlicher Schutz für die Menschen und wichtige Infrastrukturen im Alpenraum vor z.B. Lawinen, Muren, Steinschlag und Hochwasser. Dieser Schutz kann jedoch durch zu hohe Wildbestände und dem damit verbundenen Verbiss und der Schädigung von Bäumen gefährdet sein. Die Jagd ist daher zur Regulierung der Schalenwildbestände im Bergwald unverzichtbar. Damit werden vor allem junge Bäume vor Wildverbiss geschützt. Es ist klares Ziel der BaySF, einerseits die wichtigen Bergwälder zu sanieren und zu erhalten und andererseits Verantwortung für das Gamswild und seinen Lebensraum zu übernehmen. 

Um eine faktenbasierte Grundlage über die Populationsentwicklung der Gämsen auf den Staatswaldflächen zu bekommen, zählt geschultes Personal der Bayerischen Staatsforsten seit 2020 an knapp 100 festen Beobachtungspunkten in den sieben Gebirgsbetrieben der BaySF zwischen Sonthofen und Berchtesgaden Gämsen. Hierbei werden die Beschäftigten regelmäßig auch von fachkundigen Experten sowie interessierten Personen und Verbänden begleitet. Erfasst werden die Tiere in der Regel in einem Zeitraum von Ende Juli bis Oktober. Die Zählungen werden wissenschaftlich begleitet durch die Stabstelle Wildbiologie und Wildtiermanagement der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF), Wildbiologe Dr. Flurin Filli vom Schweizerischen Nationalpark und Prof. Dr. Andreas König, Leiter der AG Wildbiologie und Wildtiermanagement der Technischen Universität München (TUM). 

Die Ergebnisse der diesjährigen Zählung im Vergleich zu den Vorjahren:

2020 (Pilotzählung)1660
20211873
20222060
20231894
20241982

 

Nachdem 2023 im Vergleich zum Vorjahr etwas weniger Tiere bei der Zählung erfasst wurden, geht der Trend 2024 wieder nach oben. Die bislang vorliegenden Zählergebnisse legen den Schluss nahe, dass die Bestände stabil sind. Eine abgesicherte Beurteilung der Populationsentwicklung wird auf Basis von etwa zehn Zähljahren möglich sein. Ergänzende Daten unter anderem zum körperlichen Zustand sowie Erkenntnisse aus Kooperationsprojekten mit der LWF lassen auf vitale Gamsbestände schließen. 

„Die Gams ist eine der Charakterarten der alpinen Tierwelt. Die Bayerischen Staatsforsten bewirtschaften mehr als die Hälfte der Bergwälder des bayerischen Alpenraums – wir sind uns unserer Verantwortung für die Gams sehr bewusst“, sagt Rudolf Plochmann, der für Waldbau und Jagd zuständige Vorstand. „Schutz der Gamsbestände und Schutz der Bergwälder gehen bei uns Hand in Hand. Die Bejagung des Gamswildes im Bergwald mittels Jagdzonen mit unterschiedlicher Bejagungsintensität sichert zum einen den Fortbestand einer gesunden Gamspopulation in den Bayerischen Alpen und zum anderen den Aufbau und Fortbestand stabiler Bergmischwälder, die ihre Schutzfunktion vor z.B. Steinschlag, Muren und Lawinen erfüllen“, so Plochmann weiter. 

Auch der Aufsichtsratsvorsitzende der Bayerischen Staatsforsten, Staatsminister Hubert Aiwanger, zeigt sich erfreut über die Ergebnisse der Zählungen: „Die Gämsen sind eine sensible Wildart und das typischste Tier unserer bayerischen Heimat, Symbol- und Wappentier in Gebirgsregionen. Wir müssen die Gämsen mit Vernunft und Fingerspitzengefühl bewirtschaften, um die Bestände stabil und gesund für die Nachwelt zu erhalten. Die aktuellen Bestandszählungen bestätigen erfreulicherweise einen positiven Trend, es wurden mehr Tiere gesichtet als in den letzten Jahren. Die BaySF erfüllen den Auftrag, die Bestände nachhaltig zu bewirtschaften, wobei im oftmals schwierigen Spannungsfeld zwischen Waldschutz vor Verbiss in sensiblen Lagen und dem Tier- und Artenschutz immer wieder ein vernünftiger Kompromiss gefunden werden muss.“

Hintergrund Gams-Monitoring der Bayerischen Staatsforsten: 
Seit Jahrtausenden hat die Gams in den bayerischen Alpen ihren Lebensraum. Und seit über 270 Jahren tragen Försterinnen, Förster, Berufsjägerinnen und Berufsjäger die Verantwortung für einen großen Teil der Bayerischen Alpen. Verantwortung für die Pflege und Erhaltung der Bergwälder sowie für das Gamswild und seinen Lebensraum gehen damit schon seit vielen Generationen eng Hand in Hand. Die Jagd dient hier insbesondere dazu, die vielfältigen Nutz- und Schutzfunktionen der Wälder für die Gesellschaft zu gewährleisten. Heute ist über die Hälfte der alpinen Flächen im Freistaat den Bayerischen Staatsforsten zur Bewirtschaftung übertragen. Der verantwortungsvolle Umgang mit der faszinierenden Wildart Gams ist für die Bayerischen Staatsforsten Auftrag und Anliegen zugleich.

Im Sommer 2020 starteten die Bayerischen Staatsforsten ein großangelegtes Gams-Monitoring, um die Situation und die Entwicklung der Population im bayerischen Alpenraum künftig noch besser beurteilen zu können. Das Monitoring ist als langfristiges Projekt angelegt, alle sieben Gebirgsforstbetriebe der Bayerischen Staatsforsten nehmen an den wissenschaftlich begleiteten Erhebungen teil. Bereits in der Vergangenheit haben einige Gebirgsforstbetriebe der Bayerischen Staatsforsten selbstständige Zählungen der Gamsbestände vorgenommen, welche nach einer erfolgreichen Pilotphase vereinheitlicht wurden. Ziel der Zählungen ist es, die Bestände über die Zeit zu dokumentieren, um zu sehen, wie es um das Symboltier der Alpen steht und wie sie sich entwickeln. Das Gams-Monitoring der BaySF ist zudem grundlegender Bestandteil des Gams-Monitorings der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft im gesamten Alpenbogen.

Hintergrundinformationen:
Egal ob „Gämse“, „Gemse“, „Gamswild“ oder „Krickelwild“ – hinter all diesen Namen steckt ein Tier: die Gams. Zu finden ist sie vor allem im Alpenraum und in den europäischen Hochgebirgen. Weit verbreitet ist das Gamswild auch im bayerischen Alpenraum - auf den Flächen der Bayerischen Staatsforsten. Dank ihres gut entwickelten Seh- und Geruchssinns können sie Feinde bereits frühzeitig wahrnehmen und aufgrund ihrer exzellenten Kletterfähigkeiten flink ausweichen. 

Die Weibchen werden Geiß genannt. Sie und die Jungtiere leben in Rudelverbänden mit bis zu 30 und mehr Tieren, Gamsböcke dagegen sind die meiste Zeit im Jahr Einzelgänger. Die Gams erreicht ein Stockmaß von ca. 85 cm und eine Rumpflänge von ca. 110-140 cm. Geißen werden bis zu 20 Jahre alt, Böcke bis zu 15 Jahre. 

Aussehen und Merkmale: 
Die Tiere wechseln ihr Fell (»Decke«) zweimal im Jahr, wobei das Sommerkleid deutlich kürzer und heller als die dunkle Winterdecke ist. Vom Maul (»Äser«) bis zum Ohr (»Lauscher«) verläuft beidseitig ein schwarzer Streifen, »Zügel« genannt, und auch der im Sommer sichtbare Aalstrich am Rücken, die Läufe und die Bauchseiten sind dunkel bis schwarz gefärbt. 

Dank ihrer spreizbaren Hufe (»Schalen«) ist die Gams wie gemacht für große und weite Sprünge am Berg, talwärts schafft sie Sprints mit Geschwindigkeiten von bis zu 45 km/h! Beide Geschlechter tragen Hörner, sogenannte Krucken. Diese sind typischerweise im oberen Bereich nach hinten gebogen (»gehakelt«) und können bis zu 25 cm lang werden. Mittels der jährlichen Wachstumsschübe lässt sich das Alter der Gams anhand der Krucken bestimmen. 

Lebensraum & Vorkommen: 
In den Bayerischen Alpen ist die Gams daheim. Man kann sie in den felsigen Regionen oberhalb der Waldgrenze, aber auch im oberen Waldgürtel antreffen. Im Sommer zieht sie sich in die Matten- und Latschenkiefernregionen zurück. Ihre Ausbreitung erstreckt sich über den gesamten europäischen Alpenraum.

Ernährung: 
Nahrung findet die Gams vor allem auf weitläufigen Almen und Matten, wo sie gleichzeitig ein weites Sichtfeld auf mögliche Bedrohungen hat. Tagsüber ruht sie im Bereich der Baumgrenze oder in noch höheren Lagen, die ihr als »Rückzugsräume« dienen. Gräser, Kräuter, Moose, Flechten, Kiefernnadeln und junge Waldbäume bzw. deren Knospen zählen zum Nahrungsspektrum der Gams. Sie gehört zu den Wiederkäuern. 

Fortpflanzung:
Die Brunft findet in den Wintermonaten, je nach Region von Ende Oktober bis Mitte Dezember, statt. Dabei liefern sich die Böcke in dieser Zeit heftige Verfolgungsjagden, die zum Teil im Schnee stattfinden. Nach einer Tragzeit von ca. 6,5 Monaten wird das Jungtier (»Kitz«) geboren. Die »Setzzeit« (die Zeit, in der die Jungen geboren werden) erstreckt sich in der Regel von Mai bis Juni. Besonders interessant: Bereits wenige Stunden nach der Geburt kann das Kleine seiner Mutter selbst in schwieriges Gelände folgen! 

Weitere Informationen: 
https://www.gams-erleben.de/