Forstleute aus Schleswig-Holstein zu Besuch im Frankenwald
24. Mai, Rothenkirchen - Die aktuelle Situation der Wälder im Frankenwald und am Obermain ist besorgniserregend, gleichzeitig gibt es positive Signale, was den Zukunftswald angeht. Forstleute aus Schleswig-Holstein konnten sich davon jetzt auf einer Fachexkursion in den Staatswald der Region ein eigenes Bild machen.
Auch in der Forstwirtschaft kann der „Blick über den Tellerrand“ nicht schaden. Deshalb machten sich seit 2019 schon zweimal Förster aus der Betriebsgemeinschaft Coburg-Rothenkirchen der Bayerischen Staatsforsten auf Einladung der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten auf den Weg, forstliche Besonderheiten im Bundesland zwischen Nord- und Ostsee zu erkunden. Jetzt gab es den entsprechenden Gegenbesuch der Kolleginnen und Kollegen: Acht Försterinnen und Förster aus dem Norden hatten auf einer zweitägigen Bereisung des bayerischen Forstbetriebes ein umfangreiches Fachprogramm abzuarbeiten. Am ersten Tag stellten Forstbetriebsleiter Peter Hagemann und sein Stellvertreter Stefan Wittenberg zusammen mit den Forstrevierleitern vor Ort ausführlich die Borkenkäferlage im Frankenwald vor. Auf den seit 2018 entstandenen Freiflächen am Rennsteig wurde ausführlich über Möglichkeiten und Chancen der Wiederbewaldung diskutiert. Die erfolgreichen Ansaaten von „neuen“ Baumarten wie Stiel-, Trauben- und Roteiche im Staatswald gaben hier bereits erste Einblicke in die nächste Waldgeneration. Genauso von Interesse waren die waldbaulichen Erfahrungen mit fremdländischen Nadelhölzern, die auf den Anbau durch Kronacher Förster bereits seit über 70 Jahren zurückgehen. Technische Erfahrungen waren es dann, die bei einer praktischen Vorführung der Maschinensaat gemischter Baumsamen ausgetauscht wurden. Ähnliche Verfahren kommen auch im Norden Deutschlands zum Einsatz.
Das Thema der Sommertrockenheit in den nordbayerischen Wäldern stand auch im Mittelpunkt der der Fachdiskussion zu Möglichkeiten der Wasserrückhaltung im Wald. Die umfangreichen Biotopteiche, die auch zu diesem Zweck im Forstrevier Tettau in den vergangenen Jahren geschaffen wurden, fanden hier besondere Beachtung. Genauso intensiv wurde im Revier Rennsteig über die zukünftige Jagdstrategie des Forstbetriebes diskutiert, die das Aufwachsen der künftigen gemischten Waldbestockungen sicherstellen soll. Hier flossen auch ganz praktische Erfahrungen der norddeutschen Forstleute aus ihrer Bejagung von Rot- Schwarz- und Rehwild in die Diskussion ein. Im Forstrevier Ködel ging es um den Schutz und die Bewirtschaftung des Wasserschutzwaldes im Einzugsgebiet der Trinkwassertalsperre, im Revier Wilhelmsthal dann um das weitere Borkenkäfermanagement, mit dem die Fichtenalthölzer weiter verteidigt werden um sie als Schutz für die Waldverjüngung auch künftig nutzen zu können.
Der zweite Tag der forstlichen Exkursion stand dann ganz im Zeichen der Laubwälder am Obermain. Im Naturwald Vierzehnheiligen der Bayerischen Staatsforsten wurden ausführlich Erfahrungen und Erwartungen rund um die Stilllegung größerer Waldflächen für Naturschutzziele ausgetauscht. Auch die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten haben in den vergangenen Jahren Waldflächen aus der klassischen Bewirtschaftung genommen. Genau wie hier am Obermain entstanden dadurch neue Herausforderungen für die Sicherheit der Waldbesucher, die Lenkung der unterschiedlichen Waldnutzer und den künftigen Schutz der Bäume in und außerhalb der Schutzgebiete. Die aufwändigen Sicherungsmaßnahmen an den Verkehrswegen und vielbegangenen Wanderrouten oberhalb von Vierzehnheiligen gaben hier anschauliche Beispiele und ausreichend Diskussionsgrundlage. Und dass auch in den Laubwäldern die Klimaveränderungen und die Sommertrockenheit deutliche Spuren hinterlassen, war ein weiteres gemeinsames Thema der Forstleute. Dabei stellte sich die zunehmende Ausbreitung der Mistel an dürregeschwächten Linden, Kiefern und Tannen, die im Forstrevier Klosterlangheim zum Absterben ganzer Baumgruppen führt, als eher noch süddeutsches Problem heraus. Ebenso die Vermehrung des wärmeliebenden Eichenprachtkäfers, der inzwischen nicht nur alte Eichen im unterfränkischen Spessart sondern inzwischen auch am Obermain zum Absterben bringt. Entsprechende Warnzeichen und erste erkennbare Hinweise auf Schäden nahmen die norddeutschen Forstleute vorsorglich mit in die Heimat.
Gemeinsames Fazit der Försterinnen und Förster aus dem Norden und Süden: Der Klimawandel ist im Wald hautnah und unmittelbar spürbar. Alle, die sich mit der Zukunft der Wälder befassen, stehen vor neuen und spannenden Herausforderungen. Deshalb muss man für mögliche Lösungsansätze weiter im Austausch bleiben. Die Einladung der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten an die Kolleginnen und Kollegen aus Oberfranken für den nächsten Erfahrungsaustausch liegt bereits vor.