Forstwegebau einst und heute …
Sulzschneid, 13. Juni 2018 – Forstwegebau ist komplizierter als auf den ersten Blick: Da viele Böden extrem labil sind, kann man nicht einfach Kies auf den Boden aufschütten. Das Material würde mit der Zeit im weichen Boden versinken. In früheren Zeiten wurden deshalb sogenannte „Bengelwege“ gebaut.
„Wie Bohlenwege, mit einer Schotterschicht darüber. Wer heute mit aufmerksamen Blick in den Bergen wandert, entdeckt hier und dort noch solche alten Bauweisen“, erklärt Sonthofens Staatsforsten-Chef Jann Oetting. Dabei wurden Bäume, die auf den neuen Wegtrassen standen, in drei Meter lange Stücke abgesägt und quer zum Wegeverlauf nebeneinander gelegt und mit Reisig überdeckt. Darüber wurde dann Kies aus örtlichen Gruben geschüttet. Damit sich das Material im Wegkörper binden konnte, ließ man die neuen Wege dann über den nächsten Winter ruhen. „Übrigens wurden die alten Wege vor knapp 50 bis 100 Jahren von einer heute sagenhaft großen Waldarbeiterzahl gebaut und gepflegt: Ca. 40.000 Menschen waren damals nur mit dem Waldwegebau in Bayerns Staatswald beschäftigt. Denn es war mühsamste Handarbeit, was heute Maschinen erledigen“, blickt Oetting ehrfürchtig zurück.
„In der heutigen Zeit benutzt man statt Holzbengel ein sogenanntes Geotextil. Ein verstärktes Flies, auf das dann gebrochenes Gestein, auch Schroppen genannt, geschüttet wird. Durch dieses Vorgehen kann der neue Weg sofort genutzt werden“, ergänzt Förster Jürgen Sander, in dessen Revier Sulzschneider Wald gerade zwei solche Wege entstanden sind. Dass die Wege schnell nutzbar sind, ist gerade in diesem Jahr besonders wichtig: Wegen der vielen vom Sturm geworfenen Bäumen und der befürchteten Borkenvermehrung.
Entgegen der landläufigen Auffassung, dass Waldwege für die Erholung gebaut werden, muss das Wegenetz in erster Linie den Anforderungen der Forst- und Waldwirtschaft entsprechen und wird dafür gepflegt. Jedes Jahr werden rund 12.000 Festmeter Holz im Sulzschneider Wald gefällt und in Sägewerken zu wertvollen Holzprodukten weiterverarbeitet. Dafür ist im Laufe der Zeit in diesem Staatswalddistrikt ein Wegenetz von ca. 65 Kilometern entstanden. Das gefällte Holz wird mit Spezialmaschinen auf den sogenannten Rückegassen aus den Beständen zu den Waldstraßen gebracht, um dann von Holzlastern zu den Sägewerken gefahren zu werden. Ein ausreichendes Straßennetz muss aber erst finanziert, gebaut und laufend unterhalten werden. So geben die Bayerischen Staatsforsten im gesamten Forstbetrieb Sonthofen fast 500.000 € für die Pflege des Waldwegenetzes aus. „Allein in meinem Revier Sulzschneider Wald sind es in diesem Geschäftsjahr rund 90.000 €“, freut sich Revierleiter Jürgen Sander.