Holzernte im Tobel: Was für Bäume optimal ist, erschwert erheblich die Fällarbeiten
18. November 2021, Sonthofen/Eschach - Der Allgäuer nennt sie „Tobel“: Enge, steile, trichterförmige Täler, die im südlichen Oberallgäu auch die Größe einer richtigen Schlucht annehmen können. Im Staatswaldrevier Kürnach Nord sind sie zahlreich. Entlang des namensgebenden Baches reihen sich Tobel an Tobel, viele kleinere und größere Gräben und Bäche, die in die Kürnach entwässern. Sie prägen maßgeblich den unwegsamen Charakter dieser voralpinen Waldlandschaft. Die Waldbäume wachsen dort außergewöhnlich gut: Die Böden sind tiefgründig und gut wasserversorgt. Was für Bäume optimal ist, erschwert erheblich die Holzernte und vor allem die Bringung zur Forststraße.
„Früher, als die Waldarbeit noch ohne maschinelle Unterstützung ablaufen musste, wurde das Gebiet mit Schlittenwegen erschlossen. Im Winter mussten darauf die gefällten Bäume von den Holzern mit Hornerschlitten durch die Tobel nach unten befördert werden. Das war eine extrem harte und gefährliche Arbeit“, weiß Sonthofens Staatsforsten-Chef Jann Oetting.
Revierleiter Markus Pfleghardt, der den Wald in der nördlichen Kürnach pflegt, ergänzt: „Heute ist hier der Seilkran das Mittel der Wahl. Moderne Seilkran-Kippmastanlagen gibt es als Anhänger oder montiert auf einem Trägerfahrzeug, meist ein LkW. Dadurch können sie sehr flexibel über die Forstwege transportiert und umgesetzt werden.“ Eine Grunderschließung mit Waldwegen ist aber auch dafür notwendig – ohne diese ist ein Wald nicht bewirtschaftbar.
Über den Kippmast des Seilkrans wird ein kräftiges Tragseil geführt, welches am Ende der Hiebsfläche verankert wird und das dazwischen, je nach Gelände, über Stützenbäume hochgehalten wird. Es sind Verfahren als Bergauf- und Bergabbringung möglich. Auch horizontal –z.B. bei sehr empfindlichen Moorböden - sind die Anlagen einsatzfähig.
„Natürlich hat eine solch aufwändige Technik höhere Kosten. Richtig angewendet bietet sie aber große Vorteile: Die maschinelle Befahrung über steile Gassen wird vermieden und der Waldboden somit maximal geschont. Bei einer fachgerechten Planung und Ausführung dieser Holzbringungstechnik können auch die verbleibenden Waldbäume den Eingriff ohne größere Schäden überstehen“, so nochmal Forstbetriebsleiter Jann Oetting.
Im Vergleich zu einem hochmechanisierten Einsatz ist hier aber immer noch viel harte und vor allem gefährliche Handarbeit notwendig. „Und es geht auch nicht so schnell. Gerade die Waldbesucher müssen hier sehr viel Verständnis aufbringen, da der Waldweg durch eine solche Anlage meist komplett versperrt ist und eine Wegstrecke deshalb womöglich über Wochen abgeriegelt werden muss: Im Einsatz- und Fällbereich herrscht Lebensgefahr!“, warnt Revierleiter Markus Pfleghardt und fügt hinzu: „Trotz alledem: Für die Bewirtschaftung der Tobelwälder bleibt dies die erste Wahl. Weil sie es wert sind!“