Intakte Bergwälder als Wasserpuffer
13.06.2024, Sonthofen/Kürnach - Alles Gute, so sagt das Sprichwort, kommt von oben. Was passiert, wenn des Guten zu viel kommt, kann man regelmäßig bei Starkregen beobachten: vollgelaufene Keller, überflutete Ortschaften. Im Alpenraum übernehmen Bergwälder eine wichtige Schutzfunktion. Voraussetzung: Sie sind intakt!
Unser Bergwald ist ein echtes Multitalent, denn er erfüllt zahlreiche Funktionen, die für uns Menschen überaus nützlich sind. Neben der Holzproduktion und seinen Erholungsmöglichkeiten für Waldbesucher ist insbesondere seine Schutzfunktion entscheidend für die Tallagen der Bayerischen Alpen. Etwas mehr als die Hälfte der Wälder im bayerischen Alpenraum sind Schutzwälder nach Artikel 10 des Bayerischen Waldgesetzes. Das bedeutet, dass diesen Wäldern aufgrund ihres Standorts eine besondere Funktion zukommt. Sie schützen nämlich menschliche Infrastruktur in den Tälern beispielsweise vor Lawinen, Steinschlag oder auch Erdrutschen.
„Allein im Forstbetrieb Sonthofen gibt es über 5.000 ha Schutzwald, der von uns Förstern gepflegt wird“, wie Forstbetriebsleiter Jann Oetting betont „Wir investieren jedes Jahr über 200.000 Euro in Pflege und Pflanzung“. Vor allem Tannen, Fichten, Buchen und Bergahorne werden von den Forstwirten gepflanzt. Unterstützt werden die Maßnahmen vom AELF Kempten im Rahmen der besonderen Gemeinwohlleistungen.
Gefahr: Starkregen
Auch beim Wasserrückhalt spielt der Schutzwald eine wichtige Rolle: Bei Extremwettereignissen mit Starkniederschlägen, wie sie im Klimawandel immer häufiger auftreten werden, kommen innerhalb kürzester Zeit enorme Wassermengen zu Boden. Diese lassen im Gebirge Wildbäche anschwellen, die dann wiederum mit ihren gewaltigen Wassermassen Siedlungen in den Tälern bedrohen können. Hier kommt dem Bergwald eine entscheidende Bedeutung zu, um die Schäden von Starkregenereignissen zu minimieren: Er kann auf verschiedene Weise die abfließende Wassermenge dämpfen. Zum einen ermöglichen die Wurzeln der Bäume eine höhere Wasseraufnahmefähigkeit im Boden. So ist das Wasser zwar nicht verschwunden, aber es wird gepuffert. Gleichzeitig stabilisieren die Wurzeln auch den Boden und schützen ihn damit vor Erosion durch das Wasser. Außerdem ist ein typischer Waldboden an der Oberfläche deutlich rauer als zum Beispiel der blanke Fels oder vergraste Flächen, die Geschwindigkeit des Wasserabflusses wird reduziert.
Waldboden hält Wasser
Wäre also der Wald und vor allem der Waldboden nicht da, würde Wasser bei Starkniederschlägen ungebremst ins Tal rauschen und dort unter Umständen große Schäden anrichten. Der Bergwald ist somit eine Art Lebensversicherung für Mensch und Tier und ein Schutzgarant für die Infrastruktur. Deshalb ist es für die Bayerischen Staatsforsten eine vordringliche Aufgabe, den Bergwald und damit auch den Schutzwald durch eine nachhaltige Bewirtschaftung gesund zu erhalten und zu pflegen. Denn nur ein gesunder Bergwald kann langfristig alle Funktionen erfüllen, auf die wir Menschen angewiesen sind. Bei der Pflege des Berg- und Schutzwaldes geht es vor allem darum, dauerhaft einen stabilen Waldbestand zu erhalten.
Große Schäden in der Kürnach
Nochmal Sonthofens Staatsforsten-Chef Jann Oetting: „Nicht auszudenken, was der Starkregen der letzten Woche bei uns ohne intakten Bergwald angerichtet hätte. Denn wir haben trotz Schutzwald große Schäden an unserer Wegeinfrastruktur: Ca. 500.000 Euro Schadenssumme im Forstbetrieb Sonthofen, davon der Schwerpunkt in der Kürnach“. Hier haben fast 250 Liter in drei Tagen die Böden so aufgeweicht, dass mehrere Muren abgegangen und an vielen Stellen Rutschungen entstanden sind. „Die Muren haben alles mitgenommen, was da war: Bäume und Forstwege“. Aber auch Wegeabsackungen und -ausspülungen waren die Folge der Extremniederschläge. „Wir werden die Schäden beseitigen. Aber das wird etwas dauern, weil es so viele sind. Aktuell sind mehrere Forstwege gesperrt. Bis zu deren Reparatur bitten wir Waldbesucher und Waldbesucherinnen dringend, die Absperrungen zur eigenen Sicherheit zu beachten!“, appelliert Forstbetriebsleiter Jann Oetting an die Vernunft. Denn es kann an den aufgeweichten, abgebrochenen Wegen jederzeit zu lebensgefährlichen Nachrutschungen kommen.