Mit Shakespeare gegen den Unfalltod
Kürnach, 11. April 2017 - Die wenigsten Autofahrer wissen, welches Gefahrenpotenzial sich gerade um diese Jahreszeit rechts und links neben der Straße befindet: Wildtiere! Zum Beispiel entlang der Staatsstraße 2376 Kürnachtal, einem Nadelöhr, durch das sich jeden Morgen der Berufsverkehr mit über 1.200 Fahrzeugen aus Richtung Baden-Württemberg fädelt.
Das zeitig einsetzende Frühjahr lässt die Vegetation förmlich explodieren. Die Talwiesen mit ihrem frischen Grün wirken wie ein Magnet auf das durch den Winter ausgezehrte Wild. „Die Tiere stehen nicht auf den Wiesen, um die Autofahrer zu ärgern!“, sagt mit einem Lächeln Jörg Finze, Berufsjäger der Bayerischen Staatsforsten am Forstbetrieb Sonthofen. „Sie haben einfach Hunger!“ Doch eigentlich ist ihm nicht zum Lachen zumute. Jörg Finze ist zuständig für den Bereich Kürnachtal und er ist derjenige, der nachts zu Wildunfällen gerufen wird, wenn wieder mal ein Reh oder ein Stück Rotwild überfahren wurde. Oft haben die Autofahrer keine Chance. Aber manchmal ist auch eine nicht angepasste Geschwindigkeit im Spiel. „Ich erlebe es oft, wenn ich bei Dunkelheit durch das Tal fahre, wie mir die Autos förmlich an der Stoßstange kleben, weil ich meines Erachtens angepasster fahre. Die wissen gar nicht, in welcher Gefahr sie sich befinden!“, so Jörg Finze.
Finze weiter: „Die Wucht, mit der ein Hirsch bei einem Tempo von 60km/h in das Auto einschlägt, beträgt fünf Tonnen, das ist ein ausgewachsener Elefant! Beim Reh sind es immer noch eine Tonne, also das Gewicht eines Pferdes. Ich möchte aber nicht tatenlos zusehen. Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um die Wiesen entlang der Straße wildfrei zu halten. Aber das Wild wandert nun mal und ist deshalb unberechenbar.“
Deswegen hat der Forstbetrieb Sonthofen nun zusätzlich zu dem Pilotprojekt mit den großen Hinweisschildern, die immer geöffnet werden, wenn die Gefahr des Wildwechselns besonders hoch ist, Banner drucken lassen. So sollen die Verkehrsteilnehmer zusätzlich sensibilisiert werden. „Ein Wunder, dass es bisher immer nur bei Blechschäden geblieben ist. Aber jeder Unfall ist einer zu viel!“, erklärt Jann Oetting, Betriebsleiter des Forstbetriebes Sonthofen. „Es gilt immer noch das, was wir in der Fahrschule gelernt haben: Wenn ein Stück Wild die Straße überquert, folgt meist ein weiteres. Dann abblenden, Hupen und aufmerksam weiterfahren. Sollte jedoch ein Wild-Unfall nicht mehr zu vermeiden sein, auf keinen Fall versuchen auszuweichen, hierbei kommt es zu den meisten Todesfällen von Autofahren.“
…oder einfach ein bisschen langsamer fahren: Den Wildtieren zuliebe!