Ruhe für Wildtiere überlebenswichtig
10. Januar 2019, Sonthofen – Bei extremen Wetterlagen müssen Jäger prüfen, ob sie Hegemaßnahmen für Wildtiere ergreifen. „Wie es im Jagdgesetz so schön heißt, hat die Hege die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen zum Ziel. Das Landratsamt Oberallgäu hat uns gebeten, entsprechende Hegemaßnahmen zu ergreifen“, erläutert Sonthofen Staatsforsten-Chef Jann Oetting.
Arno Bletzinger, Berufsjäger bei den Bayerischen Staatsforsten am Forstbetrieb Sonthofen, ist dieser Tage mit Tourenski und Kraxe in seinem Zuständigkeitsbereich unterwegs. Bei Schneehöhen von weit über einem Meter ist eine Fortbewegung in den Wäldern des Forstbetriebs Sonthofen anders nicht mehr möglich. Er schnallt Heuballen auf die Kraxe und verteilt diese auf seinen Tourenskiern. Hirsch, Reh, Gems und Hase haben so die Möglichkeit, etwas Nahrung aufzunehmen bis sich die Wetterlage wieder normalisiert. Bei diesem Unternehmen ist jedoch auch größte Vorsicht geboten, denn die extrem hohe Schneelast auf den Bäumen in Verbindung mit starkem Sturm führt zu vielen umstürzenden Bäumen. Sein Schweißhund Baldur begleitet ihn dabei und passt natürlich auch gut auf sein Herrchen auf…
Die Wildtiere können sich evolutionsbedingt sehr gut auf solche extremen Schneelagen einstellen. Die aktuelle Schneelage war vor der Klimaerwärmung der letzten Jahrzehnte ja eher die Regel als die Ausnahme. Es gäbe keine Hirsche, Rehe und Gemsen mehr, könnten diese nicht mit solchen Schneelagen umgehen. Nochmal Forstbetriebsleiter Oetting: „Die Hauptstrategie dieser Wildtiere ist dabei ein sehr stark reduzierter Stoffwechsel mit entsprechend stark reduziertem Nahrungsbedarf. Die Wildtiere lassen sich erst einmal einschneien und bewegen sich so wenig wie möglich. Das entscheidendste ist derzeit also die Ruhe für die Wildtiere“. Im Ruhezustand können die Wildtiere die Temperatur ihrer Gliedmaßen bis in den einstelligen Bereich fallen lassen. Auch das Volumen des Pansens ist im Winter viel kleiner als sonst. Insgesamt reduziert sich der Stoffwechsel dabei auf bis zu 20% des normalen Verbrauchs. Diese Strategie kann aber nur funktionieren, wenn das Wild nicht durch Skifahrer und Schneeschuhwanderer abseits der Hauptwege aufgeschreckt und so plötzlich aus der Winterruhe gerissen wird. Auch deshalb deponiert Berufsjäger Arno Bletzinger sein Heu in unmittelbar Nähe der Hauptwege, die er mit seinen Tourenskiern und Schweißhund Baldur abläuft.
„Wichtig dabei ist: Nur der Revierinhaber kann vor Ort entscheiden, ob und welche Hegemaßnahmen in seinem Revier notwendig sind. Und sie müssen so durchgeführt werden, dass eine ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung nicht beeinträchtigt und insbesondere Wildschäden vermieden werden. Das ist die andere Seite, die wir immer bedenken müssen!“, schließt Forstbetriebsleiter Oetting den rechtlichen Überblick ab.