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Stürme, Dürre, Schädlinge: Bayerische Wälder und Waldbesitzer vor historischer Herausforderung

Kleiner Schädling, große Wirkung: Der Borkenkäfer (Foto: Martin Hertel)

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Spitzenvertreter der Bayerischen Forstwirtschaft veröffentlichen gemeinsames Positionspapier

Gemeinsame Erklärung von Bayerischem Waldbesitzerverband, Bayerischem Bauernverband, Familienbetrieben Land- und Forstwirtschaft Bayern, Forstwirtschaftlichen Vereinigungen und Bayerischen Staatsforsten

Regensburg, 10. September 2018 - Führende Vertreter aus Waldbesitz, Landwirtschaft, Grundeigentümer und Bewirtschafter berieten bei einem Spitzentreffen in Regensburg zur aktuell schwierigen Lage der bayerischen Waldbesitzer. „Die Lage hat sich in den letzten Wochen dramatisch zugespitzt: Hohe Schadholzmengen der jüngsten Stürme, der trockene, heiße Dürresommer 2018 und die stark zugespitzte Borkenkäfersituation treffen die bayerischen Waldbesitzer sehr hart. Dabei geht es auch um Existenzen. In manchen Regionen ist der Holzmarkt unter starkem Druck und es wird schwieriger, Holz zu verkaufen“, so Josef Ziegler, Präsident des Bayerischen Waldbesitzerverbands.   

Dabei sind die großen Probleme, mit denen sich die bayerischen Waldbauern und Förster konfrontiert sehen, nicht hausgemacht. Die Lage hat sich durch verschiedene Ereignisse in ganz Europa so dramatisch entwickelt: Neben großen Holzmengen, die insbesondere nach dem Januar-Sturm Friederike in Nord- und Ostdeutschland anfielen und jetzt den Holzmarkt auch in Bayern stark belasten, hat der historisch trockene und anhaltend heiße Sommer 2018 dazu geführt, dass auch die Borkenkäferzahlen sich in den letzten Wochen in weiten Teilen Bayerns nach oben entwickelt haben. Besonders schlimm sieht es in Tschechien aus, wo eine großflächige Borkenkäfer-Massenvermehrung im Gang ist. Von dort kommen weitere größere Mengen Käferholz auch auf den bayerischen Markt.  

Der Import des tschechischen Käferholzes birgt noch eine weitere Gefahr: Die bayerischen Waldbesitzer fürchten, dass eine aggressive und in den tschechischen Fichtenwäldern bereits weit verbreitete invasive Borkenkäferart mit den Holztransporten auch nach Bayern eingeschleppt werden könnte: Der sogenannte „Nordische Fichtenborkenkäfer“ (Ips duplicatus), der in Bayern derzeit noch nicht als Schädling auftritt, hat seit etwa zwei Jahren großen Anteil daran, dass weite Landstriche in Tschechien sprichwörtlich entwaldet werden, wie tschechische Experten ihren bayerischen Kollegen berichten. Ein Alarmsignal für die bayerischen Waldbesitzer und Förster: „Wir befürchten, dass diese aggressive Käferart durch die zahlreichen Holztransporte per Zug und per Lkw, die laufend über die Grenze nach Bayern kommen, in großen Stückzahlen eingeschleppt wird und hier ihre Massenvermehrung fortsetzt. Dies muss mit allen Mitteln verhindert werden, zum Beispiel mit Kontrollen durch die zuständigen Behörden und weitere Maßnahmen“, so der einhellige Tenor der Teilnehmer der Sitzung.  

Der Chef der Bayerischen Staatsforsten, Martin Neumeyer, unterstrich, dass der Staatswald sich in diesen Zeiten solidarisch mit den privaten Waldbesitzern zeige. Er erläuterte, dass die Bayerischen Staatsforsten in den letzten Monaten viele Bäume, die nach den Fachplanungen für eine Fällung vorgesehen waren, nicht geerntet haben. „Allein im Sommer 2018 haben wir entschieden, rund 200.000 Festmeter Holz in den Monaten Juli und August nicht einzuschlagen. Dies bedeutet eine markante Minderung des gesamten Holzeinschlags um ein Viertel in den Monaten Juli und August über alle Baumarten im Vergleich zum Vorjahr.“  

Die Teilnehmer des Spitzentreffens sehen akuten Handlungsbedarf, um die bisher beispiellose Situation und die Gefahren für unsere Wälder zumindest mindern zu können. Sie formulierten folgende Forderungen an die Politik und die zuständigen Behörden:

  • Sofortige Durchführung phytosanitärer Maßnahmen beim Import von Rundholz aus Tschechien; in einem ersten Schritt z. B. Stichproben-Kontrollen bei der Einfuhr: Es muss Klarheit geschaffen werden, ob Züge und LKW mit tschechischem Rundholz auch neue, schädliche Käferarten nach Bayern bringen. Es ist sicherzustellen, dass insb. der Nordische Fichtenborkenkäfer (Ips duplicatus) nicht massiv nach Bayern eingeschleppt wird.
  • Mehr Wettbewerb in der Sägeindustrie: Strukturpolitischer Ausbau bzw. Stärkung der Sägewerkskapazitäten v. a. im ostbayerischen Raum, um die großen Holzmengen verarbeiten zu können und angemessene Holzpreise zu sichern.
  • Umgehender Aufbau von Lagerkapazitäten: Spürbare finanzielle Unterstützung / Förderung leistungsfähiger Nasslager für Privat- und Körperschaftswälder, um Holz qualitätserhaltend einlagern zu können und so dem Borkenkäfer Brutraum zu entziehen. Hierfür erscheint es dringend notwendig, die Förderung anzupassen. Die bei der Genehmigung von Nasslagerplätzen beteiligten Behörden sollten die Waldbesitzer und Forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse wirksam und zeitnah unterstützen, z. B. durch verkürzte Genehmigungsverfahren und Hilfe bei der Suche nach Standorten.
  • Gewährung von Struktur- und Liquiditätshilfen für Waldbesitzer in den nächsten Jahren, in denen große Schadholz-Mengen den bayerischen Holzmarkt stark belasten. Sicherstellung der Liquidität, damit die betroffenen Waldbesitzer weiterhin gegen Borkenkäfer vorgehen und Forstunternehmer bezahlen können, die die Aufarbeitung unterstützen. Für diese Hilfen sollte als erster und schnell umsetzbarer Schritt der Rückgriff auf noch nicht abgerufene Mittel aus den Unterstützungsleistungen nach Sturm „Kolle“ geprüft werden.
  • Steuerliche Erleichterungen: Die bestehenden gesetzlichen Spielräume sind zur Entlastung der betroffenen Waldbesitzer unverzüglich und umfassend auszuschöpfen bzw. in Kraft zu setzen. Dies gilt beispielsweise für die Anhebung der Betriebsausgabenpauschale oder die Gewährung des Viertel-Steuersatzes ab dem ersten Festmeter an für Kalamitätsholz nach § 34b EStG.
  • Solidarität des Staatswaldes: Die Bayerischen Staatsforsten sagen zu, in Solidarität mit dem bayerischen Privatwald die bereits seit Monaten praktizierte deutliche Zurückhaltung beim Einschlag frischen Fichtenstammholzes in den betroffenen Regionen fortzuführen, solange dies aufgrund der Sondersituation notwendig ist. 

Die Gesprächsteilnehmer appellieren an die Solidarität aller Waldbesitzer und fordern diese auf, den Einschlag frischen Fichtenstammholzes bis auf weiteres deutlich zu reduzieren und der Käfersuche und Aufarbeitung des Kalamitätsholzes höchste Priorität einzuräumen. Nur so sei es möglich, eine weitere Vermehrung des Borkenkäfers effektiv einzudämmen. Die Waldbesitzer appellieren zudem an die Säger, durch eine rasche Abfuhr der Kalamitätshölzer die bayerischen Waldbesitzer bei ihren Waldschutzmaßnahmen zu unterstützen.  

Frischholz sollte ausschließlich nachfrageorientiert mit entsprechenden Verträgen und Abfuhrgarantie eingeschlagen werden. Dabei erwarten die Waldbesitzer von Sägerseite für bereit gestelltes frisches Fichtenstammholz Vertragskonditionen, die dem Vorkalamitätsniveau entsprechen.