Biotopeiche behutsam eingekürzt
18. November 2024, Nürnberg – Der Forstbetrieb Nürnberg hat im Oktober im Ortsteil Buchenbühl die Einkürzung einer Biotopeiche in Auftrag gegeben, da die Verkehrssicherheit durch den 40 Meter hohen Baum nicht länger gegeben war.
„Es tut einem Förster immer in der Seele weh, wenn man einem Biotopbaum zu Leibe rücken muss“, sagt Sebastian Heigl, Revierleiter im Forstbetrieb Kalchreuth der Bayerischen Staatsforsten. Hinter Heigl ist ein Mitarbeiter der Nürnberger Schule für Baumpflege in einem Spezialsteiger aktiv: In luftiger Höhe arbeitet sich der Fachmann über die äußeren, leichteren Äste langsam an den Stamm der Eiche heran. Dieses Vorgehen ermöglicht es, nach und nach von den Ästen Gewicht abzunehmen und dosierte Mengen Schnittholz herabfallen zu lassen, um den umliegenden Boden sowie die Teerstraße nicht zu beschädigen.
Dass an der Maßnahme kein Weg vorbeiführt, hat Heigl zusammen mit Experten der Unteren Naturschutzbehörde schon Wochen vorher bei einer eingehenden Besichtigung entschieden. „Der Altbaum ist in seiner Struktur zu geschwächt, als dass man weiter zusehen könnte“, versichert Heigl. Der Schießstand werde immer wieder genutzt und auch von auswärtigen Gruppen gemietet. „Nicht auszudenken was passiert, wenn die Eiche auf den Parkplatz oder auch nur auf die Straße kippt, während dort Verkehr herrscht“, skizziert Heigl das zu vermeidende Risiko. Es ist eben diese Abwägungen von Verkehrssicherheit und Naturschutz, die Revierleiter und Revierleiterinnen vor nicht leicht zu fällende Entscheidungen stellen: „Aber am Ende geht die Sicherheit von Menschenleben eben immer vor.“
Vor Beginn der Maßnahme, bevor die Kettensäge angeschmissen wird, hat der Mitarbeiter des Baumpflegeunternehmens noch einmal eine Sichtung aller im Stamm vorhandenen Höhlen und Spalten vorgenommen. „Wir befinden uns mit der Maßnahme außerhalb der Brutzeiten und vor dem Bezug der Eiche durch Fledermäuse“, stellt Heigl klar. Es konnten auch bei der ersten Besichtigung keine Bruthöhlen im Stamm gefunden werden. Als aus einer tiefen Spalte im Stamm in etwa sieben Metern Höhe mit einem Mal ein Waldkauz ausfliegt, steht für Heigl schnell fest: Dieses Versteck wird nach Möglichkeit erhalten.
Vom ordnungsgemäßen Ablauf der aufwendigen und kostspieligen Maßnahme überzeugt sich vor Ort auch eine Vertreterin der örtlichen Gruppe des Bund Naturschutz, die Heigl unter anderem eingeladen hat. „Wir wollen mit solchen Maßnahmen seitens des Forstbetriebs transparent umgehen und unser Vorgehen auch vor Ort erklären, wenn Interesse besteht“, sagt der Revierleiter. „Es ist immer besser, miteinander ins Gespräch zu gehen, als Naturliebhaber mit einem Mal vor vollendete Tatsachen zu stellen.“ Interessiert beobachtet die Frau, wie die Einkürzung voranschreitet.
Gegen Mittag steht nach vier Stunden schweißtreibender Arbeit nur noch der Stamm der Eiche, dessen Einkürzung noch einmal richtige Knochenarbeit ist. Meter für Meter kürzt der Baumpfleger herunter, einmal ist kein weiterkommen, Metallreste befinden sich mitten im Stamm. Die gewaltigen Stammklötze, die auf das bereits gefällte Astmaterial niederfallen, haben jedes für sich fast das Gewicht einer Tonne. Zu guter Letzt wird unmittelbar über der Versteckhöhle des Waldkauzes eine Schrägung gesägt, die weg von der Straße weist, und mit einer Bedachung versehen. Es soll keine Feuchtigkeit in den nun noch knapp acht Meter hohen Stamm eindringen, um ihn möglichst lange als Versteck und Biotop zu erhalten. Apropos Biotop: Sämtliche Schnittreste der Einkürzung werden in direktem Umfeld des Hochstumpfes als Totholz im Wald verbleiben, um dort als vielfältiger Lebensraum angenommen zu werden.