Praxisanbauversuch zum Tag des Baumes gestartet
Forstliche Akteure ziehen auch beim Praxisanbauversuch mit Rotbuchen an einem Strang (von links): Jörg Beckmann, stellvertretender Direktor des Tiergartens Nürnberg, Eva Stempfle vom AELF Roth-Weißenburg und Forstbetriebsleiter Johannes Wurm. Fotos: Sebastian Linstädt, BaySF
DownloadVoller Einsatz im südlichen Nürnberger Reichswald bei Langwasser. Foto: Sebastian Linstädt/BaySF
Download24. April 2025, Nürnberg – Zum Tag des Baumes am 25. April startet der Forstbetrieb Nürnberg der Bayerischen Staatsforsten (BaySF) einen neuen, zukunftsweisenden Praxisanbauversuch: Auf einer Fläche im Nürnberger Süden werden Rotbuchen aus Nordostfrankreich gepflanzt, die als besonders gerüstet für die Herausforderungen des Klimawandels gelten. Ziel ist es, Erfahrungen mit alternativen Herkünften heimischer Baumarten zu sammeln, um den Wald langfristig besser gegen zunehmende Trockenheit und andere Klimaextreme zu wappnen.
Der Klimawandel verändert Bayerns Wälder rasant. Besonders die heimische Rotbuche, einst als „Königin des Waldes“ gefeiert, zeigt in vielen Regionen gravierende Schäden durch Hitze, Trockenheit und Schädlinge. Vor diesem Hintergrund sucht der Forstbetrieb Nürnberg im Rahmen des Waldumbaus nach Lösungen, die auch in Zukunft einen stabilen und ökologisch wertvollen Mischwald ermöglichen. Deswegen greift Forstbetriebsleiter Johannes Wurm gemeinsam mit Eva Stempfle vom Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (AELF) Roth-Weißenburg sowie Jörg Beckmann, Biologischer Leiter und stellvertretender Direktor des Tiergartens Nürnberg als Forstbetrieb der Stadt Nürnberg, persönlich zum Hohlspaten, um einige junge Rotbuchen zu pflanzen.
Rotbuchen mit französischen Wurzeln – robust in Trockenphasen
„Die Buchenherkünfte aus Nordostfrankreich stammen aus Regionen mit vergleichbaren Bodenverhältnissen, aber deutlich wärmerem und trockenerem Klima als bei uns“, erklärt Wurm. „Diese Bäume haben sich über Generationen an die Trockenheit angepasst. Wir wollen herausfinden, ob sie auch hier in Franken besser mit den Herausforderungen des Klimawandels zurechtkommen.“Ein Teil der insgesamt 1700 Container-Pflanzen werden in kurzer Zeit auf einer 0,4 Hektar großen Fläche im Forstrevier Altenfurt gepflanzt, die bereits durch Borkenkäferschäden und Trockenstress stark gelitten hatte. Dort herrschen durchlässige, nährstoffarme Böden – ideale Bedingungen, um die Anpassungsfähigkeit der französischen Buchen im Vergleich zu heimischen Herkünften zu testen.
Teil des 4-Baum-Konzepts – Vielfalt als Schlüssel zur Resilienz
Der Versuch ist Teil des übergeordneten 4-Baum-Konzepts der Bayerischen Staatsforsten. Dabei sollen in jedem Waldbestand mindestens vier unterschiedliche Baumarten vertreten sein – davon mindestens drei mit hoher Klimatoleranz. Die BaySF setzen dabei sowohl auf seltene heimische Arten wie Spitzahorn oder Elsbeere als auch auf gezielt ausgewählte Herkünfte etablierter Baumarten. Ziel ist es, die Artenvielfalt zu erhöhen, stabile Mischwälder aufzubauen und somit die Funktionen des Waldes – wie Biodiversität, Bodenschutz, Wasserhaushalt und Rohstoffproduktion – langfristig zu sichern. (siehe Infobox)
Langfristiges Monitoring und wissenschaftliche Begleitung mit starken Partnern
Der Praxisversuch wird wissenschaftlich begleitet und langfristig beobachtet. Dazu werden Vitalität, Wuchsleistung, Schädlingsbefall und ökologische Wechselwirkungen regelmäßig dokumentiert und mit Kontrollflächen verglichen. Erste Aussagen zur Eignung der französischen Buchenherkünfte sind in einigen Jahren zu erwarten – aussagekräftige Ergebnisse liefert aber erst ein längerer Zeitraum.
Eva Stempfle, kommissarische Abteilungsleiterin Forsten beim AELF Roth-Weißenburg, sagt: „Wie auch bei den Bayerischen Staatsforsten geht es auf den Waldflächen in ganz Bayern darum, die nadelholzgeprägten Bestände in klimastabile Mischwälder umzubauen. Deswegen unterstützen wir die Praxisanbauversuche sehr gerne, weil auch wir bei Forstverwaltung wertvolle Erkenntnisse aus den Versuchen mit Pflanzen aus fremdländischen, aber auch heimischen Herkünften ziehen können.“
Jörg Beckmann vom Tiergarten Nürnberg hebt die Bedeutung der Vernetzung und Zusammenarbeit aller forstlichen Akteure hervor: „Der Waldumbau ist eine Mammutaufgabe. Das kann keiner allein stemmen. Deswegen haben wir uns schon vor Jahren mit dem zuständigen AELF, den Bayerischen Staatsforsten, dem Umweltamt und dem Servicebetrieb Öffentlicher Raum (Sör) zusammengeschlossen, um eine Baum- und Waldstrategie für Nürnberg zu entwickeln.“ Es sei klar, dass man für diese Herausforderung starke und zuverlässige Partner brauche, so Beckmann: „Praxisanbauversuche wie der heutige hier sind für uns bedeutende Wegweiser, wohin unsere gemeinsame Waldstrategie gehen wird.“ Als Forstbetrieb der Stadt Nürnberg ist der Tiergarten für rund 220 Hektar Wald verantwortlich.
„Wälder der Zukunft brauchen neue Antworten“
Auch Johannes Wurm betont abschließend: „Wir brauchen belastbare Erfahrungen mit alternativen Baumarten und Herkünften. Nur so können wir vorausschauend handeln und dem Wald helfen, sich an die sich verändernden Umweltbedingungen anzupassen. Der heutige Tag des Baumes ist eine gute Gelegenheit, diesen wichtigen Schritt für die Zukunft unserer Wälder sichtbar zu machen.“
Die Bayerischen Staatsforsten sehen den Umbau der Wälder als Daueraufgabe und verpflichten sich zur Bewahrung des Waldes als Lebensraum, Rohstoffquelle und Erholungsort. Mit dem Anbauversuch in Nürnberg wird ein weiterer Baustein für den klimastabilen Zukunftswald gelegt.
Infobox: Praxisanbauversuche der Bayerischen Staatsforsten
Wälder im Klimawandel – neue Strategien gefragt
Die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) stehen durch den Klimawandel vor großen Herausforderungen. Heimische Nadel- und Laubbäume, wie Fichte, Kiefer, Buche oder Lärche, leiden zunehmend unter Klimaextremen und Schädlingsdruck. Das rasche Fortschreiten der Klimaveränderungen überfordert die natürliche Anpassungsfähigkeit vieler Baumarten – der Wald als „Klimaspeicher“ ist bedroht.
Zukunftsstrategie: Klimastabiler Mischwald
BaySF reagiert mit einem gezielten Waldumbau: Ziel ist ein stabiler, artenreicher „Klimawald“. Das zentrale Element dabei ist das 4-Baum-Konzept: Jeder Waldbestand soll mindestens vier Wirtschaftsbaumarten enthalten – davon mindestens drei klimatolerante. Seltene heimische Arten (z. B. Spitzahorn, Elsbeere) werden gefördert. Auch alternative Herkünfte (z. B. rumänische Weißtanne) und ausgewählte nichtheimische Baumarten werden in angemessener Beimischung eingesetzt („assisted migration“), um die Resilienz zu erhöhen.
Anbauversuche für fundierte Entscheidungen
Praxisversuche und Standortanalysen unterstützen die Auswahl geeigneter Arten. Ziel ist eine standortangepasste Mischung, die biologische Vielfalt erhält und klimatische Risiken minimiert. Die Planung erfolgt langfristig über die Forsteinrichtung, wird aber bei klimabedingten Schäden flexibel angepasst.
Klares Ziel: Ein robuster, biodiverser Zukunftswald für Klimaschutz, Artenschutz und nachhaltige Holznutzung.